Urlaub bei Kirche und Diakonie diskriminierungsfrei geregelt. Reform der Eingruppierungssystematik für 25.000 kirchliche Beschäftigte beschlossen

Urlaub bei Kirche und Diakonie diskriminierungsfrei geregelt. Reform der Eingruppierungssystematik für 25.000 kirchliche Beschäftigte beschlossen

München, 18. 05. 2012 Die Arbeitsrechtliche Kommission (ARK) in Bayern hat in der ersten Sitzung nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes ihre Hausaufgaben erledigt: Sie hat den Urlaub für die Beschäftigten bei Kirche und Diakonie der höchstrichterlichen Entscheidung angepasst. Diese besagt im Kern, dass die bisherige Staffelung des Urlaubs nach Alter der Mitarbeitenden diskriminierend sei (Aktenzeichen 9-AZR529/10). Nach der neuen Regelung erhalten Mitarbeitende, die jünger als 30 Jahre sind, schon für das Jahr 2012 30 Tage Erholungsurlaub statt bislang 26. Bei den über 30-jährigen Beschäftigten bei einem Arbeitgeber der Diakonie ändert sich nichts: Sie bekommen nach wie vor 30 Tage Jahresurlaub. Mitarbeitende der verfassten Kirche im Alter zwischen 30 und 40 Jahren hingegen bekommen statt bislang 29 künftig ebenfalls 30 Tage Urlaub. Ebenfalls angehoben wird die Urlaubsdauer für Auszubildende; hier gibt es mit 27 Tagen künftig einen mehr als bisher. Wer allerdings nach dem 1. Juli 2012 ein neues Arbeitsverhältnis bei Kirche und Diakonie beginnt, kann – unabhängig vom Alter – nur noch mit 29 Tagen Erholungsurlaub rechnen. Auf diesen Ausgleich verständigte sich die paritätisch mit Dienstnehmern und Dienstgebern besetzte Kommission am 16. Mai bei ihrer Sitzung in München.


Vertreter der Dienstgeber legten Wert darauf, dass die Neuregelung nicht ausschließlich zu Lasten der Klienten gehen darf. Urlaubsbedingte Fehltage könnten nicht über einen erhöhten Personalschlüssel ausgeglichen werden. Wie von Sitzungsteilnehmern verlautete, mussten beide Seiten in der Urlaubsfrage Zugeständnisse machen: Während die Dienstgeber 29 Tage für alle Beschäftigten durchsetzen wollten, plädierte die Dienstnehmerseite für 30. Mit dem jetzt gefundenen Kompromiss könne man gut leben, hieß es, da er „auf dem Weg des fairen Ausgleichs“ gefunden worden sei, wie Günther Bauer, Vorstand Innere Mission München, erklärte. „Der von Kirche und Diakonie beschrittene Dritte Weg hat sich wieder einmal als Mittel des konstruktiven Miteinanders gezeigt.“ Nun sei Klarheit und Rechtssicherheit für die Mitarbeitenden gegeben. Die Entscheidung sei auch deshalb so eilbedürftig gewesen, weil man den Schülern und Auszubildenden, die sich jetzt bewerben, eine klare Antwort geben müsse. Ebenfalls neu festgesetzt hat die ARK die Ausbildungsvergütung bei Praktikanten im Erzieherberuf, die bislang einheitlich 325 Euro pro Monat erhielten. Da diese Vergütung künftig nicht mehr auf das Kindergeld angerechnet wird, können auch hier höhere Sätze bezahlt werden. Im ersten Jahr werden sie in begründeten Fällen bis auf 500 Euro pro Monat angehoben, im zweiten Praktikumsjahr auf bis zu 550 Euro.


Die Eingruppierungssystematik für die privatrechtlich beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) wird sich auch künftig am Tarifrecht des öffentlichen Dienstes der Länder (TV-L) orientieren. Das hat die ARK auf ihrer Sitzung ebenfalls mit großer Mehrheit beschlossen. Die Kirchliche Dienstvertragsordnung (DiVO) wird mit Wirkung vom 1. Januar 2012 entsprechend geändert. Sie enthält Vorschriften, die den TV-L ergänzen und ersetzen. Dadurch wird das verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht der ELKB gewährleistet, wonach diese ihre Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze selbst ordnen und verwalten kann.

Die Eingruppierungssystematik des TV-L wird im Wesentlichen übernommen. In einigen Punkten der Entgeltordnung, die regelt, wie Tätigkeiten von Mitarbeitenden einzuwerten sind, wurden für den kirchlichen Bereich Optimierungen vorgenommen. So wurden u. a. für Religionspädagogen und Religionspädagoginnen, Kirchenmusiker und Kirchenmusikerinnen, Pfarramts- und Dekanatssekretärinnen, Mitarbeitende in der Jugendarbeit sowie für Mesnerinnen und Mesner in der Anlage 1 zu § 20 Abs. 1 DiVO (Gruppenplan) eigene kirchenspezifische Regelungen geschaffen. Ferner wurde für Mitarbeitende der Kirchenverwaltung der EG 6, deren Tätigkeit im Umfang von 20 bis 33 Prozent selbständige Leistungen erfordert, die Möglichkeit geschaffen, in Entgeltgruppe 7 höhergruppiert zu werden.

Auch nach den Rechtsänderungen ist weiterhin gewährleistet, dass trotz zweier unterschiedlicher Regelungswerke in Kirche und Diakonie, dort gelten seit 1. Juli 2007 diakonie-spezifischen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR-Bayern), gleiche Berufsgruppen ähnlich eingruppiert und vergleichbar bezahlt werden. Die Entscheidung der ARK, sich im kirchlichen Bereich wie bisher auch am staatlichen Tarifrecht zu orientieren, kommentierte Frau Heidemarie Wimmer, Dienstnehmervertreterin Verfasste Kirche, wie folgt: „Die meisten privatrechtlichen Mitarbeitenden im kirchlichen Bereich üben Tätigkeiten aus, die denen des öffentlichen Dienstes gleichen. Dies rechtfertigt auch gleiche Bezahlung und Eingruppierung.“

Ihr Ansprechpartner

Daniel Wagner, Pressesprecher der ARK Bayern

Daniel Wagner

Pressesprecher der ARK
+ 49 179 537 4225