Diakonie Bayern: Personalkosten nach Tarifreform weitestgehend gleich geblieben. Landesweite Umfrage bei diakonischen Einrichtungen für Oktober geplant

Diakonie Bayern: Personalkosten nach Tarifreform weitestgehend gleich geblieben. Landesweite Umfrage bei diakonischen Einrichtungen für Oktober geplant

München, 17. 09. 2007 11 Wochen nach In-Kraft-Treten des Tarifsystems AVR-Bayern schätzt das Diakonische Werk Bayern erstmals die finanziellen Auswirkungen der Tarifumstellung ab: „Aufgrund der bisherigen Rückmeldungen gehen wir davon aus, dass sich beim Großteil der diakonischen Einrichtungen in Bayern die neuen Personalkosten weitgehend mit den bisherigen decken oder in Einzelfällen gestiegen sind“, so Dr. Jörg Kruttschnitt, Mitglied des Vorstands des Diakonischen Werks Bayern und Dienstgebervertreter innerhalb der Arbeitsrechtlichen Kommission der Ev.-Luth. Landeskirche (ARK Bayern). Vollständige Zahlen wird das Diakonische Werk Bayern im Oktober dieses Jahres landesweit bei allen Mitgliedseinrichtungen erheben. Nach ersten Berechnungen lässt sich sagen, dass das Ziel, kostenneutral zum neuen Tarifsystem zu wechseln, weitgehend erreicht wurde.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Mit den AVR-Bayern wendet die Diakonie Bayern zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein eigens entwickeltes Tarifsystem an. Es unterscheidet sich grundlegend vom Bundesangestelltentarif BAT, an dem sich das bisherige Tarifwerk der Diakonie jahrzehntelang orientiert hatte. Mit den AVR Bayern reagiert das Diakonische Werk auf die langfristigen Folgen der Sozialgesetzgebung, insbesondere des Pflegeversicherungsgesetzes, das 1995 eingeführt worden war. „Das Diakonische Werk ist der erste Wohlfahrtsverband in Bayern, der mit einer zukunftsweisenden Reform auf die aktuellen Rahmenbedingungen reagiert hat“, so Dr. Jörg Kruttschnitt. Vorwürfe, die in den Sommermonaten von Seiten der Gewerkschaft Ver.di verbreitet worden waren, die Diakonie setze als erste große Einrichtung eine Lohnspirale nach unten in Bewegung, weist er als „schlicht und einfach falsch“ zurück: „Wir haben das Tarifsystem kostenneutral umgestellt, an der Summe unserer Personalkosten hat sich nichts geändert – auch langfristig nicht.“ Ziel des Diakonischen Werkes war nicht, die Personalkosten zu senken, sondern ein flexibleres Tarifwerk zu schaffen, mit dem die Einrichtungen ihre Personalkosten betriebswirtschaftlich besser planen und steuern können.

„Das alte System war wie ein Schwertransporter, mit dem man auf einer schmalen, kurvigen Bergstraße fährt. Aus diesem riesigen LKW haben wir nun vier wendige Lieferwagen gemacht. Das ist nicht billiger, aber besser“, so Kruttschnitt. Zugunsten der Planbarkeit der Kosten sehen die AVR-Bayern keine Bewährungsaufstiege und Lebensaltersstufensteigerungen mehr vor. So stellen sie sicher, dass sich die Lohnsumme in der Zukunft aufgrund der wachsenden Zahl älterer Arbeitnehmer nicht stetig und automatisch verteuern wird. Kruttschnitt: „Die AVR-Bayern setzen zudem den Grundsatz ‚gleicher Lohn für gleiche Arbeit‘ konsequent um, denn die Entlohnung richtet sich jetzt nach der ausgeübten Tätigkeit und dem Grad der Verantwortung, nicht jedoch nach dem Alter des Mitarbeiters.“ Ein weiterer Effekt:

Die AVR-Bayern eröffnen älteren Bewerbern endlich die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt wie jüngeren und tragen zur Verringerung der Arbeitslosigkeit bei älteren Menschen bei. Keiner der bisherigen Mitarbeitenden wird durch die AVR-Bayern weniger verdienen als er bisher hat – dafür sorgen Besitzstandsregelungen. Ziel der Diakonie ist, als Arbeitgeber weiterhin attraktiv zu bleiben. „Wir sind der festen Überzeugung, dass gerade in unseren Arbeitsbereichen die Mitarbeitenden der wichtigste und bedeutsamste Erfolgsfaktor sind“, so Kruttschnitt. Selbst in der niedrigsten Entgeltgruppe der AVR-Bayern, in der etwa Reinigungshilfskräfte eingruppiert sind, liegt der Stundenlohn unter Einbeziehung der Jahressonderzahlung bei 7,82 Euro. „Das ist mehr, als der DGB an Mindestlohn fordert“, so Kruttschnitt.

Rückblick: Folgen des Pflegeversicherungsgesetzes

Seit der Einführung prospektiver Entgelte im damaligen Bundessozialhilfegesetz und im Pflegeversicherungsgesetz (PflegeVG) hat sich die Landschaft der Wohlfahrtsträger in Deutschland grundlegend verändert, denn das Gesetz basiert auf den Grundsätzen der Wettbewerbsneutralität und der Marktöffnung. Dies hatte einerseits zur Folge, dass eine Vielzahl gewerblich ausgerichteter Anbieter auf einen zunehmend wettbewerbsorientierten Markt drängten und mit deutlich günstigeren Personalkosten in Konkurrenz zu den bereits etablierten Wohlfahrtseinrichtungen getreten sind. Des weiteren brachte die Abschaffung des Selbstkostendeckungsprinzips mit der Einführung des PflegeVG gravierende Folgen mit sich: Aufgrund weitgehend festgelegter Budgets für Einzelleistungen im Pflegebereich sind die Wohlfahrtseinrichtungen seither gezwungen, ihre Personalkosten auf der Grundlage voraussichtlich zu erbringender Pflegeleistungen zu planen und zu steuern. Aufgrund der abgesenkten Pflegesätze hatten sich in den vergangenen Jahren die Finanzierungsspielräume diakonischer Einrichtungen erheblich verengt; die Personalkosten machen dabei 70 bis 80 Prozent der Gesamtkosten aus. Zahlreiche Einrichtungen konnten nur durch vorübergehende „Notlagenregelungen“ überleben. „Es ist für uns überlebenswichtig geworden, unsere Kosten exakt planen und steuern zu können – für dieses Ziel sind die AVR-Bayern das wesentlich bessere Instrument“, so Kruttschnitt.

Ihr Ansprechpartner

Daniel Wagner, Pressesprecher der ARK Bayern

Daniel Wagner

Pressesprecher der ARK
+ 49 179 537 4225